Im Norden geht die Sonne auf...Ritsem war ein Reinfall. Wenn man nicht unbedingt die Langstreckenwanderwege begehen möchte, lohnt sich meiner Meinung nach die lange Fahrt nicht wirklich. Es gibt dort praktisch nichts zu sehen. Die Straße, die auf der Karte nach Norden führt ist abgesperrt, da Betriebsgelände. Also bin ich wieder zurückgefahren und habe unterwegs noch eine kleine Wanderung an einen mückenverseuchten See gemacht. Nicht besonders spannend, aber zumindest etwas Bewegung. Auf der Weg nach Kiruna bzw. Abisko liegt Gällivare. Erst ein paar Tage vorher soll es dort einen größeren Corona-Ausbruch gegeben haben. Daher wurde der Linienverkehr von Bussen und Bahnen eingestellt, um das alles etwas einzudämmen. Naja, ich gehe dann eben in Kiruna einkaufen. Gesagt getan und gleich noch ein paar Podcastfolgen und die dritte Staffel Stranger Things runtergeladen. Auch hier gibt es an den Tanken und Supermärkten überall freies WLAN. Deutschland wann wachst du endlich auf... In Abisko war der Parkplatz am Minibahnhof fast leer, höchstens 10 Autos. Normalerweise sollte der zu dieser Zeit brechend voll sein und sich überall Menschen tümmeln. Es scheint, auch die Schweden halten sich mit dem Reisen zurück. Da ich die Mittsommernacht an einem See verbracht und nahezu unwissend verpennt habe, gibt es mit einem Tag Verspätung die Erlösung. Voll bepackt mit allerlei Snacks, Kamerazeug und warmen Klamotten, bin ich um 21 Uhr am Bahnhof in Abisko aufgebrochen. Nach langem und steilen Anstieg über zahlreiche Schneefelder, stand ich 2,5 Stunden später und 785 Meter höher auf dem Njullá (1169m). Zu meinem Glück war ich wohl der Einzige, der auf solche Ideen kommt und hatte den Gipfel ganz für mich allein, wenn man die aggressiven Mücken mal außen vor lässt. Ich habe es mir dann bequem gemacht und das Warten begann. Und siehe da, mein Plan ging auf. Auch wenn ich nicht in Norwegen am Meer saß, da war sie: die Mitternachtssonne! Ein nicht enden wollender Sonnenuntergang und absolute Stille! Wieder etwas, dass ich von der Bucketlist streichen kann, Beweisfotos inklusive! Falls jetzt Jemandem (zwinkerzwinker) der Gedanke kommen sollte: "... aber Sohni, es ist doch Sommerzeit! Die wahre Mitternachtssonne ist doch erst um 01:00Uhr. Hast du das vergessen?". Dann kann ich dazu nur sagen: "Nein Vadder, habe ich nicht. Extra für dich habe ich mir eine Isomatte mitgenommen und noch eine weitere Stunde gewartet, um nur für dich das zeitlich exakte Beweisfoto von 'the real Mitternachtssonne' zu schießen! Keine Ursache..." #derapfelfaelltnichtweitvomstamm Der Abstieg war im Gegensatz zum Aufstieg spektakulär. Im roten Licht der "aufgehenden" Sonne, das die schneebedeckten Berge in ein tiefes Orange tauchte, ging es zurück ins Tal. Die Schneefelder waren jetzt ein Genuss. Das was ich vorher an Höhenmetern mühselig erkrochen habe, ging jetzt quasi in einem Rutsch und auch noch ganz ohne aufgerissene Hände und eine Rückenprellung, wie vor 12 Jahren in Neuseeland. Der richtige Kick am frühen Morgen. Einen weiteren Kick hätte mir fast noch ein junger Elch verpasst. Den habe ich, vertieft in Gedanken und schon etwas müde, kurz vor Ende der Tour noch fast über den Haufen gerannt. Auf jeden Fall haben wir uns beide mächtig erschreckt. Der Gute hat sich aber wieder beruhigt und mich in weniger als sechs Metern Abstand passieren lassen. Da ging mir ganz schön der Stift... Nach etlichen Skandinavienreisen habe ich jetzt endlich auch einen Elch gesehen! Was für eine Nacht! Nachtrag: Tja, hätte ich mich mal vorher schlau gemacht, dann hätte ich vielleicht rausgefunden, dass man die Mitternachtssonne auch direkt hier vom Parkplatz aus sehen kann. Quasi direkt aus dem Auto heraus. Aber nein, der Herr musste ja unbedingt eine Nachtwanderung machen... "Aber die Erfahrungen und Erinnerungen kann dir keiner mehr nehmen!!" Ach, leck mich... 😉 Für alle Lauffaulen: 68°25′55.08″N 18°40′14.98″E Nach laaaaanger Pause...bin ich wieder unterwegs. Die Zeit bei meinen Eltern verging wie im Flug, nicht zuletzt wegen einer misslungenen Stunteinlage meines Vaters und damit verbundener 'Auflockerung' des schnöden Alltags. An dieser Stelle beste Grüße Dad, falls du das hier lesen solltest... Dazu dann noch der ganze Corona-Wahn. Am zweiten Juni konnte ich endlich den Toyota aus Hamburg abholen. Angekommen war er schon am 16. Mai, aber dank Zoll, Feier- und Brückentagen, kam es zu massiven Verzögerungen bei der Freigabe. Es stellte sich außerdem heraus, dass die Schubladen bei Zollkontrollen zerstört wurden und ersetzt werden mussten. Weitere Verzögerungen... Während der Wartezeit auf die Schwerlastauszüge, habe ich mich den Stoßdämpfern und den Stabibuchsen gewidmet. Wider erwarten hat alles problemlos geklappt: LKW-Mechanik für Anfänger! Vollreinigung und Ölwechsel verstehen sich von selbst.
Doch nun, was tun?!? Weiter den Eltern auf die Nerven gehen, am Auto rumschrauben und so die letzten Wochen meines freien Jahres vergehen lassen...? Keine Chance, also ab ins einzige nördliche Land, das freies touristisches Reisen ohne Quarantäne erlaubt: Schweden! Ja, man mag jetzt (etwas spät lieber Leser*in) denken ich hätte nicht mehr alle beisammen. Aber: Auch wenn Schweden einen sehr lockeren Umgang mit Covid19 pflegt, liegt es doch an mir selbst, Menschenmassen zu meiden bzw. potenziellen Ansteckungssituationen aus dem Weg zu gehen. Und da ich sowieso am Liebsten irgendwo allein in der Wildnis bin, sollte das nicht schwerfallen. Seit 8 Tagen bin ich jetzt Richtung Norden unterwegs und werfe jeden Tag 70€ in den Tank. Der 1HZ muss halt gefüttert werden. In Östersund war ich kurz einkaufen und siehe da, auch die waghalsigen Schweden haben Abstandsmarkierungen und Plexiglasscheiben in den Supermärkten, außerdem ist nur Kartenzahlung erlaubt. Es sind auch alle Wanderhütten geschlossen. Es ist also doch nicht alles so, wie es in den Medien dargestellt wird (wer hätte das gedacht). Mit meiner Maske war ich allerdings allein. Wieder mal habe ich mich dabei erwischt in jedem eine Coronaschleuder zu sehen und innere Abneigung gegen Fremde zu verspüren. Umgekehrt fühle ich mich als Eindringling und unerwünscht. Natürlich völlig unbegründet. Es wird Zeit, dass das endlich alles vorbei ist. Es fällt wirklich schwer normal zu bleiben... Mittlerweile habe ich es zum fünften Mal über den Polarkreis geschafft. Es wird zwar nichts mit dem Nordkap oder der Mitternachtssonne am Meer, aber Lappland ist riesig und es gibt viel zu erkunden und zu erwandern. Ich bin jetzt auf dem Weg nach Ritsem und habe auf in der Nähe von Stora Sjöfallet einen Tag Pause eingelegt. Gestern habe ich zwei kleine Wanderungen gemacht, zum gleichnamigen Wasserfall und zu einem kleinen Hochplateau. So früh war ich bisher noch nie in Lappland. Es liegt noch viel Schnee, die Birken treiben gerade erst aus und es wird einfach nicht mehr dunkel. Selbst um 24 Uhr ist es taghell. Es fühlt sich an als sei der Tag doppelt so lang, auch wenn man irgendwann mal schlafen muss. Es ist verständlich, dass hier im Supermarkt Melatonin, das Schlafhormon, erhältlich ist. Heute ist Freitag und hier an meinem Stellplatz wird es langsam voll. Das Midsommar-Wochenende steht an und es zieht die Schweden raus in die Natur. Vollbepackt mit Rucksack, Zelt und Angel, stapft hier ein Gruppe nach der anderen vorbei, alle auf dem Weg ins Fjell. Die Wiese füllt sich zusehends mit Wohnmobilen und der See mit Kayaks und kleinen Booten. Alles Outdoormenschen diese Schweden! Und kein Müll oder Reggaeton... Sorry, aber der musste sein! ;) |
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April 2024
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